»Viele moderne Paare gehen in den Kreisssaal und kommen in den 50er-Jahren wieder heraus.« Unter diesem Motto steht die neue Produktion des Theaters Topoï:Log.

Alltagszenen einer jungen Familie werden präsentiert aus dem Blickwinkel der Frau. Die Schauspielerin Katrin Segger spielt brillant und präzise nach Texten von Charlotte Roche, Maria Sveland und Birgit Vanderbeke allen Eltern vertraute Szenen am Esstisch, beim Einkaufen, beim Einschlafen oder in der Nacht. Ihre Botschaft, klar und schneidend: Mutterglück ist ein Mythos, eine Idealvorstellung, der keine Frau genügen kann. Überforderung, Einsamkeit, permanenter Tag- und Nacht-Service kollidieren mit dem Wunsch nach Harmonie und Glück im trauten Kreis, mit den Bedürfnissen der Kinder nach Freiheit und Anarchie. Diese sind dargestellt durch Puppen, denen Frauke Jacob eine überzeugende Stimme verleiht. Mit von Partie ist auch ein junger Vater in Form einer Schaufensterpuppe, die sich innerlich wie äusserlich vom Geschehen distanziert. In der rasanten Inszenierung wird auch das Turbulente, nicht Planbare und Überfordernde eines Alltags mit kleinen Kindern unmittelbar einsichtig. Durch die Texte führen vier mit „Ritalin“ betitelte Szenen, welche die Ausweglosigkeit aus der Überforderung beklemmend nahekommen lassen.

Mutterglück 2013: was hat sich eigentlich in den letzten Generationen geändert? Mir als alter Feministin blieb das Lachen häufig in der Kehle stecken. Hatten wir nicht gemeinsames Wohnen, gemeinsame Kinderbetreuung, fifty-fifty-Aufteilung zwischen Frauen und Männern propagiert und teilweise auch verwirklicht? Rührt jede junge Frau weiterhin in ihrem Töpfchen, und bleiben die Männer schlicht abwesend? Ist das die moderne Realität?

Die Mitglieder des Theater Topoï:Log haben auf diese Fragen eine Antwort, die leider nur implizit aufscheint: sie sind grossenteils selbst Mütter kleiner Kinder. Gleichzeitig sind sie Theaterprofis, die viel Zeit und Engagement in ihre Arbeit stecken. Sie haben – wie sie in ihrem Dank ausdrücklich erwähnen – Männer, die ihnen den Rücken freihalten. Warten wir also auf eine weitere Produktion, welche den modernen Alltag mit „Mutter- und Vaterglück“ darstellt!

Heidi Witzig (Historikerin), im Mai 2013