KANAZAWA

Kanazawa produziert 99% des Blattgolds in Japan. Aus einer Münze von der Grösse eines 10 Cent-Stücks kann Blattgold in der Grösse einer Tatamimatte gepresst werden, das sind ca. 85×170 cm Fläche. All die Goldflocken fallen an, wenn das immer dünner werdende Papier (oder Folie?) nach dem nächsten Pressen zurechtgeschnitten wird:

Weil das hübsche Lavabo auf der Seite des Kanazawa Gold Leaf Museums nicht dabei ist, gibts das hier auch noch:


Blattgold ist in der ganzen Stadt präsent. Es schwimmt sogar in der Suppe:

Im Geishaviertel Higashi Chaya-gai bieten Restaurant Menüs mit Blattgold drin an und es wird Softeis mit Blattgold angeboten. Die Leute stehen dafür Schlange, es kann also nur gut sein 🙂


Damit Restaurants ihre Speisen mit Blattgold anbieten dürfen und es überhaupt in Lebensmitteln verwendet werden darf, wurde im zuständigen Ministerium extra ein Lebensmittelgesetz erlassen, welches dies explizit erlaubt.

Im Geisha District gibt es eine kleine Miso-Manufaktur. Hier werden sogenannte Kojibakterien gezüchtet, die dann mit Sojabohnenpaste zu Miso fermentiert werden. Dieser Prozess findet in der Manufaktur genau einmal im Jahr für zwei Monate statt. Die habe ich leider um wenige Tage verpasst. Tomo von Kanazawa Creative Tourism hat uns netterweise trotzdem zur Manufaktur geführt, und nun wartet zu Hause ein Beutel Kojibakterien auf meine ersten Versuche zur Weiterverarbeitung 🙂

Wo ein Geishaviertel ist (davon gibt es in Kanazawa sogar zwei), darf ein Samuraiviertel nicht fehlen – der Nagamachi District ist auf der anderen Seite der Stadt. Typisch im Samuraidistrikt sind die Steinmauern, wie sie auch an den Castles im ganzen Land zu finden sind – wurde ein Castle doch jeweils vom hochrangigsten Samurai einer Stadt gebaut. Durch das Nagamachi-Viertel fliesst ein Bachsystem, das die Hausbesitzer für sich zu nutzen wussten: der Bach wird teils in die Gärten umgeleitet, so dass der Koi-Teich, der in keinem Samuraigarten fehlen darf, immer frisch und gut bewässert ist.

Bekannt ist Kanazawa auch für den Kenroku-en Garten, einer der drei berühmtesten Gärten in Japan.

Mitten im Garten ein Teehaus, mit Sitzgalerie, um nach dem Tee den Anblick auf sich wirken zu lassen. Gärten in Japan sind für alle vier Jahreszeiten ausgerichtet, so dass sich der Betrachter zu jeder Zeit des Jahres in den Anblick versenken kann.

Hier gibt es auch das Kanazawa Noh Museum. Ich darf mir in das Gewand eines Noh-Spielers helfen lassen und dazu eine Maske aussuchen – ich wähle die des Weisen, alternativ gab es nur Damen – , inklusive Anleitung für die richtigen (oder eher wirkungsvollen?) Gesten.

Was die Stadt so spannend macht, ist die die Kombination aus traditioneller und moderner Kunst. Das 21st Century Museum of Contamporary Art ist nicht nur für seinen Swimming Pool berühmt:

Hier könnte ich gut einen neuen Rekord im Schlange stehen aufstellen. Die Warteschlange, um in den Swimming Pool zu gelangen, zieht sich mehrreihig durch gefühlt das halbe Museum. Alle paar Minuten darf ein Grüppchen mit dem  Lift ins UG fahren, um zum Zugang des Pools zu gelangen. Geschätzte Wartezeit: 2-3 Stunden. Mir imponiert die Ansicht von oben schon sehr.

Eine temporäre Ausstellung gefällt mir sehr, und ist auch unheimlich, Third landscape von SATO Koichi:

Aber auch „Foam“ von NAWA Kohei ist sehr reizvoll. Wo fängt etwas an, wo hört etwas auf, die Sinne stehen Kopf.

Am Stadtrand von Kanazawa entdecken wir diesen weitläufigen Strand am Japanischen Meer:

Hier wurde aber die vergangenen Tage der ganze Müll am Strand von einem grossen Trupp eingesammelt und etwas entfernt zu einem grossen Haufen zusammengetragen. Entlang der gesamten Küste der Noto Halbinsel werden Unmengen an Müll an die Strände gespült, kein Strand ohne.

 

Gleich oberhalb von Kanazawa beginnt die Noto-Halbinsel, bekannt für ihr Lackwaren und die Reisterrassen Shiroyone Senmaida. 1004 kleine bis Minireisfelder werden von der lokalen Bevölkerung gepachtet und bestellt. Am Michi no Eki nebenan (immer perfekt ausgestattete Raststätten an Landstrassen und Highways) kann man aber auch 500 Gramm- bis kiloweise Reis der Shiroyone-Terassen erwerben, zum Glück 🙂

Fast nebenan das Okunoto Saltfarm Village, das Salz auf traditionelle Art herstellt, wie es auch an der Nordseeküste früher üblich war:
ein grosses Feld, auf das bei Flut Meerwasser gespült und anschliessend in der Sonne getrocknet wird.

Dann wird das Salz zusammengeharkt und in grossen Kesseln eingedampft.

Im obligatorischen Shop gibt es dann Salzkaramel, Salzlimos, -eis und einige für mich nicht definierbare Produkte, natürlich alle mit Salz.

Wajima, der grösste Ort auf der Noto-Halbinsel, ist bekannt für einiges:
– für den Morning Market, wo ich an den Ständen verschiedener älterer Bewohner selbgemachte Dips probierte, aber es ging einfach nicht, meine Geschmacksnerven warn auf „nicht genießbar“ eingestellt und so blieb es auch.
– für die berühmten und traditionsreichen Lackwaren
– die Notobowl mit frischen Meeresfrüchten ( ich erinnere – Garnelenhirn …),
– den Kugelfisch ( siehe ReiseKultur III, Fugu Bowl)
– die Azaleen, die quasi Sakura auf der Noto Halbinsel sind. In Wajima gibt es auch einen Azaleen-Schrein, sowie eine moderne mit hellem Holz gebaute Aussendependence direkt am Morning Market in der Innenstadt von Wajima.

Im Kiriko Laternenmuseum werden bis zu 15 Metern hohe und tonnenschwere Laternen ausgestellt. Diese werden zu Feiertagen von bis zu 20 Mann durch die Stadt getragen. Hier gib es einen Kurzfilm zum Noto Kiriko Lantern Festival.


Und dann sind da noch die Trommler von Wajima. Jeden Abend im Sommer wird im Kiriko Museum ein riesiges Tor hochgefahren, und vor der beeindruckenden Kulisse der Kiriko-Laternen trommeln eine halbe Stunde sechs Männer mit traditionellen Holzmasken scheinbar um ihr Leben. Mit einer Energie und Präsenz, archaisch und verrückt, dass meine Sinne durcheinanderwirbeln. Ein Fest für die Sinne.

Hier ein kurzer Ausschnitt  der Performance.

Auf dem Weg zur Kunstinsel Naoshima ein Zwischenstop im Himeji Castle. Es soll das älteste erhaltene Castle in Japan sein. Im Hauptturm kann man vor allem originales Gebälk bewundern und auf Plastiktütensocken durch die Gänge schlittern und sehr steile Treppen besteigen und sich dabei vorstellen, was in diesen  Gängen schon alles passiert ist und wer hier bereits alles unterwegs war.

Dazu ein Architekturmodell des Grundkonstrukts, auf dem basierend Castles überall im Land gebaut wurden.

NAOSHIMA

Die kleine Insel Naoshima ist berühmt für ihre Kürbisse, nicht nur, aber auch.

Die Insel selbst ist schon mehr als pittoresk, und überall stehen Kunstwerke in der Natur.

Dazu zwei grossartige Museen des japanischen Architekten Tadao Ando, wir kamen in den Genuss des Chichu Art Museums. Ein Ort, dessen Räume Tadao Ando extra für die dort ausstellenden Künstler entworfen hat. Nach einem Labyrinth aus Beton kommt es fast einer Offenbarung gleich, den weissen Saal für Eduard Monet zu betreten und verschiedene seiner Seerosen-Bilder auf sich wirken zu lassen. Noch beeindruckender der Raum von James Turrell. Hier wird das Gehirn genarrt, und es bleiben Staunen und Freude zurück ob der optischen Täuschung, was Flächen und Räume sind und können. Aus dem Beton-Museum mit seinem spröden Innenhof heraus, werden die Besucher umarmt von einem Garten, der einem Stilleben Monets entsprungen ist. Wunderschön.

Mit James Turrell bespielt Tadao Ando auch ein altes Haus im Rahmen des Art House Project: im kleinen Dörfchen Honmura auf Naoshima werden mittlerweile 8 Häuser und ehemalige Tempel und Schreine plus Gärten von internationalen Künstlern bespielt. In einer ehemaligen Zahnarztpraxis steht nun die Freiheitsstatue von Naoshima – damit haben es die Japaner irgendwie, in Tokyo steht ja auch schon eine 🙂
Mit Minamidera gestalten Turrell und Tadao Ando auch hier wieder zusammen einen Ort, der zu Orientierungslosigkeit führt und den ich berührt und beeindruckt wieder verlasse.

Kunst am Weg, etwa 5 Meter hoch.

Mehr Infos zu Naoshima und all seiner Kunst der verschiedenen  Art auf der Benesse Art Site.

sehr aufmerksam:

Zum Abschluss dieses Japan-Kapitels Kunst und Kunst, die der Natur und die andere.